23. November 2024

Bundesweites Neonazinetzwerk um Markus Beisicht führt Demo mit 800 Teilnehmenden durch Kölner Innenstadt

Gegenprotest in der Unterzahl

Unter dem Motto „Deutschland wach auf“ war für letzten Sonntag eine Großdemonstration durch Köln angekündigt worden. Ganz so groß wurde die Demonstration dann doch nicht mit 800-1000 Teilnehmenden. Wie das Motto gemeint war, wurde allerdings direkt schon zum Anfang der Kundgebung auf dem Kölner Roncalliplatz deutlich. Dort tönte zur Eröffnung die erste Strophe der Deutschlandhymne: „Deutschland, Deutschland über alles… Von der Maas bis an die Memel“ aus den Lautsprecherboxen. Offensichtlich sollten damit wohl deutsche Großmachtsfantasien wieder erweckt werden.
Direkt nach der Eröffnung zeigte sich dann auch, dass die Organisation strikt in der Hand des Nazinetzwerkes von Markus Beisicht lag. Die Anmelderin der Kundgebung Elena K. die immerhin eine dreistellige Teilnehmer*innenzahl aus der russischen deutschen Community zu der Demonstration gebracht hatte, sprach nur eine paar wenige Worte um dann umgehend an den eigentlich Organisator der Demo Markus Beisicht aus Leverkusen zu übergeben.

Nazifunktionäre aus München, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf dem Podium

Im Folgenden werden wir auf die langjährigen Aktivitäten der meisten Redner in der Naziszene hinweisen und dabei auch ihre in der Vergangenheit geäußerten übelsten rassistischen Äußerungen zitieren.

Der erste Redner Markus Beisicht ist seit Jahrzehnten aktiv in der rechtsextremen Szene. Er war Funktionär zahlreicher Naziparteien und Gruppierungen. Angefangen bei den Republikanern über die Deutsche Liga für Volk und Heimat, später dann Pro Köln/Pro NRW und jetzt Aufbruch Leverkusen. Dabei versuchte er stets zu provozieren, und mit anderen rechtsradikalen Gruppierungen in Köln oder Leverkusen aufzutreten. War er früher eng mit dem Neonazi Axel Reitz (Spitzname „Hitler von Köln“) verbandelt, so suchte er in den letzten Jahren Kontakte in den Osten Deutschlands auszubauen und im Umfeld von PEGIDA ein Netzwerk zu gründen.
Dieses Netzwerk holte er gestern nach Köln und Nazifunktionäre aus München, Sachsen und Thüringen hielten die weiteren Reden.

Andre Poggenburg – Selbst der AfD zu Rechts
Beisicht übergab nach seiner Rede das Mikrophon direkt an seinen langjährigen Nazifreund Andre Poggenburg aus Sachsen-Anhalt. Poggenburg, saß für die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt. Zusammen mit Björn Höcke schrieb er das Positionspapier des völkisch nationalistischen Flügels der AfD. Aufsehen erregte Poggenburg immer wieder mit rechtsextremen Provokationen so z.B. in einer Rede im Landtag, als er im besten NS-Sprech von „Wucherungen am deutschen Volkskörper“ sprach. In der AfD war man über Poggenburgs offen zur Schau gestellte rechtsextreme Gesinnung nicht glücklich. Dazu kamen Vorwürfe der Veruntreuung von Parteigeldern. Poggenburg kam einem Parteiausschluss zuvor und verließ von selber die AfD. Seit 2020 tritt er als Vorsitzender eines Vereins „Aufbruch Deutschland“ auf.

Karl Richter– Hitlergruß im Münchner Stadtrat
Auf Poggenburg folgte direkt ein weiterer Hardcorenazi aus Beisichts Netzwerk. Auf die Bühne wurde Karl Richter gerufen. Richter und Beisicht waren schon Anfang der 1990er Jahre zusammen Gründungsmitglieder der rechtsextremen „Deutsche Liga für Volk und Heimat.“. Später war Richter Mitglied der NPD und für diese wissenschaftlicher Berater im sächsischen Landtag. Zeitweise war er stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD. In seiner Heimatstadt München war er 2008 Spitzenkandidat der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ und zog für diese in den Stadtrat ein. Bei seiner Amtseinführung in den Stadtrat hob er die rechte Hand zum Hitlergruß und wurde deswegen später zu einer Geldstrafe verurteilt. Nicht Richters einzige Verurteilung, schon 1995 war er wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Erst vor wenigen Monaten hatte er wegen einer widerlichen antisemitischen Karikatur einen Prozess vorm Münchner Landgericht, wo er allerdings freigesprochen wurde.

Eugen Walter – Gegen die Aufnahme von Ukrainer*innen in Deutschland
Dann trat der Krefelder AfD-Politiker Eugen Walter auf der Bühne auf. Walter hatte erst vor kurzem für einen Eklat gesorgt mit einer Aussage über Geflüchtete aus der Ukraine. Er sagte, diese seien „eine Gefahr für unsere Frauen, für unsere Kinder, für unsere Väter. Ich will nicht, dass weitere Flüchtlinge hier hinkommen, und ich werde dafür kämpfen.“ Auch Walter ist politisch eng mit Beisicht liiert.

Alexander Kurth – Mehrfach vorbestrafter neonazistischer Gewalttäter
Als weiterer Redner beim Abschluss trat erneut ein Nazi aus Beisichts Netzwerk auf. Alexander Kurth aus Leipzig. Lange Jahre bei der NPD aktiv und auch bei der Nazigruppierung „Die Rechte“. Ein vielfach verurteilter neonazistischer Gewalttäter. Kurth wurde in der Vergangenheit wegen gefährlicher Körperverletzung zu 4 ½ Jahren verurteilt. Zahlreiche Prozesse und Verurteilungen wegen Verwendung verfassungsfeindlichen Kennzeichen, Waffenbesitzes und anderen neonazistischen Straftaten folgten. Kurth ist neben seinen Naziaktivitäten in Sachsen und Thüringen seit einiger Zeit zusammen mit Markus Beisicht im Rheinland aktiv. Am Rande einer LEGIDA-Demonstration in Leipzig wurde Kurth vor ein paar Jahren sein Handy entwendet. Die Daten wurden geleakt. Die Zeitschrift Jungle World berichtete damals über die veröffentlichten Daten: „Des Weiteren unterhielt sich Kurth über „Kanackenheime“ und „Negerkinder“, verehrte Adolf Hitler und beklagte sich über das „Weltjudentum“. Hin und wieder verabschiedete man sich dann auch ganz traditionell mit „Heil Hitler““.

Russische Demonstrantinnen und Corona-Schwurblerinnen als Kulisse für rechtsextremes Netzwerk.
Die etwa 800 Demonstranteninnen dienten diesem Nazinetzwerk von Besicht, das fast die komplette Rednerinnenliste stellte und die auch die Demonstration mit einem Transparent anführte, als perfekte Kulisse. Die Demonstration muss als erfolgreicher Versuch gewertet werden von langjährigen rechtsradikalen Kadern eine gewisse Masse hinter sich zu versammeln. Lange Jahre waren sie isoliert und konnten zumindest hier in Köln nur mit Kleinstdemos und stets unter massiven und zahlreichem Protest auftreten.

Weitgehende Abwesenheit der Kölner Linken und der Zivilgesellschaft
Trotz der seit 14 Tagen laufenden Mobilisierung von Köln gegen Rechts und auch von den Omas gegen Rechts und zahlreichen weiteren Gruppen, fanden sich am Sonntag nicht mehr als 400 Menschen zum antifaschistischen Protest ein. Der Gegenprotest war in der Unterzahl und war zwar an der gesamten Demostrecke immer wieder zu vernehmen, schaffte es aber zu keinem Zeitpunkt an erfolgreiche Großproteste oder gar Verhinderungen von Naziaufmärschen heranzukommen. In einer Zeit, in der Rechtsradikale Morgenluft wittern und es schaffen aus Kreisen von Corona-Schwurbler*innen und chauvinistischen russischen Kreisen die Kulisse gestellt zu bekommen, könnte das schwerwiegende Folgen haben. Die Kölner Linke und auch die Zivilgesellschaft muss ihren Arsch wieder hochkriegen. Ein Ausruhen auf erfolgreiche antifaschistische Proteste der vergangenen Jahre reicht nicht aus. Wer nicht will, dass auch in Köln Rechtsradikale weitergehend ungestört durch die Stadt marschieren können und vor dem Kölner Dom wieder „Deutschland, Deutschland über alles“ erschallt, muss jetzt (wieder) aktiv werden.