Offener Brief an die Redaktion des „Kölner-Stadt-Anzeiger“
Unlängst (am 15.03.2025) erschien ein Interview mit Simone Baum im Kölner Stadt-Anzeiger. Baum, ehemalige NRW-Chefin des CDU-Rechtsaußen-Ablegers „Werte Union“ war im Zuge der Correctiv-Recherche zum Potsdamer Treffen als Teilnehmerin aufgefallen.
Eine daraufhin erfolgte fristlose Kündigung durch die Stadt Köln, bei der sie beschäftigt ist, wurde allerdings durch das Arbeitsgericht wieder kassiert, sodass Baum nach wie vor für die Stadt Köln arbeitet.
In besagtem Interview durfte Baum nun, auf geradezu sträflich harmlose Fragen, eine Opfergeschichte zelebrieren, in der sie sich als ahnungslose Teilnehmerin, die im Anschluss völlig zu Unrecht von Correctiv und sonstigen Medien einer „Hexenjagd“ ausgesetzt wurde, inszeniert.
Baum will demnach weder gewusst haben, dass der rechtsextreme Identitäre Martin Sellner auf der Gästeliste stand, noch, für welche „politischen Forderungen“ er steht. Ebenso will sie, im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern, keine 5.000.-Euro für die Teilnahme gezahlt haben.
Nun, Sellner wurde für die Veranstaltung prominent, geradezu als Stargast angekündigt, das dürfte auch Baum nicht entgangen sein. Dass sie Sellners rechtsextreme Positionen nicht kennt? Absolut unglaubhaft. Sie war nicht nur Landeschefin der Werte-Union, sondern auch Gast auf einem rechten Treffen, zu dem Gloria von Thurn und Taxis eingeladen hatte. Neben den üblichen Verdächtigen von Rechtsaußen war auch Gernot Mörig – Veranstalter des Potsdamer Treffens – als Gast anwesend, neben dem rechten Publizisten Roland Tichy und der ehemalige Geschäftsführer des Degussa-Goldhandels, Markus Krall. (https://www.tagesschau.de/investigativ/werteunion-moerig-100.html). Baum ist also mittendrin im rechten Kosmos.
Baum darf in dem Interview auch Werbung für ihr Buch machen, ein Buch, in dem sie auf 126 wahrscheinlich völlig belanglosen Seiten (für 19,80 Euro!) sich als Opfer einer „Hetzjagd“ stilisiert.
Interessant in diesem Zusammenhang: Dieses Buch erscheint im book-today Verlag, einem Verlag, der sich nach eigenen Angaben auf „BuchRestposten zu reduzierten Preisen“ spezialisiert. Schaut man allerdings genauer hin, fällt auf, dass man neben vergünstigten Restposten, die wir hier besser Rechtsposten nennen sollten, Bücher aus dem antaios-Verlag anbietet, jener Verlegerbude des Götz Kubitschek, der als Vordenker der Höckes, Weidels und sonstiger AfD-Faschisten dient – ganz ohne Preisnachlass.
So wundert es nicht, dass hier Bücher von Renaud Camus (https://taz.de/Rechter-Philosoph-Renaud-Camus/!5616718/), Karlheinz Weißmann (https://taz.de/Neurechter-Denker-Karlheinz-Weissmann/!5399096/), Thor von Waldstein (https://www.der-rechte-rand.de/archive/3461/thor-von-waldstein-liberalismus/) und natürlich Ellen Kositza (Götz Kubitscheks Ehefrau) als Neuware anbietet.
Baums Pamphlet befindet sich also in passender Gesellschaft.
Liebe Redaktion des Kölner-Stadt-Anzeiger, die oben geschriebenen Zeilen basieren auf einer viertelstündigen Recherche. Warum bekommt Ihr das nicht hin? Oder wollt Ihr nur nicht?
Und noch ein dringender Hinweis: Es scheint, als habt Ihr einen völlig unerfahrenen Journalisten auf die Geschichte losgelassen, weil in der Redaktion aus verständlichen Gründen, niemand Bock hatte, sich das Gequatsche von Baum anzuhören. Sollte das so sein, macht das bitte nicht. Gerade in Zeiten der rechtsextremen Diskursverschiebung ist es besonders unverantwortlich, rechte Narrative ungefiltert in die Öffentlichkeit zu blasen.