Tumulte am Heumarkt
Am gestrigen Sonntag den 26.04.2020 demonstrierte in Köln zum wiederholten Male eine Mischung aus alternativen Esoterik Fans und rechtsoffenen Verschwörungstheoretiker*innen gegen die offiziellen Corona Maßnahmen.
Es gab drei parallele Kundgebungen mit jeweils 20-40 Teilnehmer*innen am Chlodwigplatz, dem Heumarkt und dem Roncalliplatz:
Offiziell liefen die Kundgebungen unter dem Motto „Wir mahnen an den Erhalt der Grundrechte auch in Krisenzeiten“.
Die Organisator*innen der Kundgebungen machten aber im Vorfeld keinen Hehl aus ihren dahinterstehenden Verschwörungstheorien zum Thema Corona.
Die Hauptorganisatorin der Proteste, Johanne L. aus Porz, die im Internet als Seherin und Heilerin auftritt, fantasiert im Aufruf direkt vom „Tiefen Staat und dessen geheimen Machenschaften der Impf-Agenda“. Sie verweist auf die Q-Bewegung. Dies ist eine Personengruppe aus den USA, die rechtsextreme Verschwörungstheorien verbreitet. Angeblich betrieben die Widersacher von Donald Trump, wie demokratische Politiker*innen oder Hollywoodschauspieler*innen allesamt einen internationalen Kinderhändlerring. Trump sei ihnen allerdings auf der Spur, und würde deren „ganzen internationalen Mafia-Aktivitäten aufdecken“…
Der von ihr betriebene Telegram-Blog, über den sie zu den Kundgebungen aufgerufen hatte, wimmelt von krudesten Verschwörungstheorien, die teilweise tief im rechtsextremen Spektrum beheimatet sind.
Von „5G Experimenten, die über Satelliten übertragen werden um unsere Genetik zu verändern“ und die für die Todesfälle verantwortlich sind, über eine „satanische Freimaurer-Inszenierung“ oder Aussagen wie „Corona ist keine Krise sondern ein Plan, dessen Krönung die totale Weltraum gestützte Bewusstseins-Manipulation durch Mikrowellen weltweit ist!“ ist dort so ziemlich jeder Blödsinn zu lesen.
In typischen rechten Verschwörungsmustern werden dort dann noch Schaubilder der Illuminati mit direkter Verbindung zum Weltjudentum gepostet und als Wurzel allen Übels die Bill Gates Stiftung ausgemacht.
Allzu offensichtliche rechtsextreme Propaganda wie Aufrufe an einer Demo von Ex-Pro NRW Chef Markus Beisicht unter dem Motto „Grundgesetz statt Scharia“ teilzunehmen, werden im Blog stehengelassen, mit dem Verweis, dies aber besser in anderen Blogs, wie dem IB nahen Blog der Patrioten Köln zu posten, auch wenn Frau L. natürlich ebenso den“ faschistischen Islam“ kritisiere.
Gleichzeitig empfiehlt sie eine Facebookseite auf der vom “forcierten Bevölkerungsaustausch der Deutschen, vor allem durch junge Muslime“ schwadroniert wird.
Besonderen Hass zieht das Thema Impfen auf sich und so wird in der Telegram-Gruppe auch mal eben ein Bild mit dem Schriftzug „Impfen macht Frei“ über dem Eingang eines Konzentrationslagers gepostet.
Teilnehmer*innen aus dem rechtsextremen Lager waren auch schon bei den ersten kleineren Aufläufen dieser Gruppe vor drei Wochen an der Kölner Philharmonie dabei. So wurde in rechtsextremen Chats live von den „Spaziergängen“ berichtet. Und auch wenn die Organisator*innen sich offiziell sowohl von Links wie Rechts distanzieren, teilen sie Posts mit Sprüchen wie „Es ist traurig zu sehen wie Deutsche um Nudeln und Toilettenpapier kämpfen, aber nicht um ihre Heimat“ von rechtsextremen Seiten und bejubeln die AfD für ihre ablehnende Haltung gegen über den Corona Maßnahmen.
Demo mit rechtsextremer Beteiligung in Berlin
Bei einer ähnlichen Demonstration am vergangenen Samstag in Berlin, die von der Kölner Telegram Gruppe abgefeiert wird, beteiligten sich zahlreiche Rechtsextremisten aus der Identitären Bewegung, rechte Hooligans, Mitglieder von Naziparteien wie dem Dritten Weg, sowie Politiker*innen der AfD. Die Kölner Organisatorin Johanne L. empört sich in ihrem Blog über die dabei erfolgte Festnahme des sogenannten „Volkslehrers“, eines bekannten antisemitischen und rechtsextremen Videobloggers.
Polizeieinsatz und Hitlergruß bei Kölner Kundgebung
Auch bei einer der drei Kundgebungen in Köln gab es am Sonntag einen Polizeieinsatz. So wurde am Heumarkt ein Passant, der es wagte zu rufen, dass Corona sehr wohl real sei, von einem Kundgebungsteilnehmer derart bepöbelt und bedrängt, dass die Polizei eingreifen musste. Es kam zu Tumulten und einer Festnahme. Auch am Chlodwigplatz lagen die Nerven bei den Kundgebungsteilnehmer*innen blank. Nach einigen Zwischenrufen von Passant*innen kam es zu Beleidigungen und eine Teilnehmerin zeigte kurzerhand den Hitlergruß.
Grundrechte
Wir gehen davon aus, dass nicht alle Teilnehmer*innen von dem explizit rechten Hintergrund der Aufruferin informiert waren. Doch wer sich den Telegram Blog von Johanne L., über den die Kundgebungen organisiert wurden genauer anschaut, dem kann dies nicht entgehen.
Selbstverständlich ist es richtig für eine Verteidigung von Grundrechten zu demonstrieren, diese Kundgebungen mit ihren Organisator*innen scheinen aber eher für das Recht auf Verblödung und die Verbreitung rechter Verschwörungstheorien zu stehen.
Bei weiteren Kundgebungen aus diesem Spektrum ist eine größere Teilnahme rechter Gruppen zu erwarten. Wer sich also wirklich für Grund und Menschenrechte einsetzen will, hat auf diesen Kundgebungen nichts zu suchen…