Gemeinsame Erklärung von „Köln gegen Rechts“ und „K2 Interventionistische Linke“.
Am 07. Januar 2020 veröffentlichte der Kölner Express online unter dem Titel „WDR-Demo in Köln Kritik wegen Polizei-Entscheidung: Hier zückt Messer-Mann seine Waffe“ einen Artikel, in dem behauptet wird:
„Denn auch in einem ersten Fall vom Samstag, bei dem ein Verdächtiger (48) versuchte, Personen mit einem Messer anzugreifen, die zur Demonstration wollten, verzichtete die Kölner Polizei auch dort bewusst auf die Zuordnung. Nach EXPRESS-Informationen hatte es sich dabei um einen Linken gehandelt, der zudem einen Presseausweis bei sich hatte.“
Express Köln, 7. Januar 2020
Das Bündnis „Köln gegen Rechts“ hatte die Möglichkeit, den verdächtigen 48 Jahre alten Mann zu treffen und sich anzuhören, was bei diesem Vorfall am Samstag tatsächlich geschah. Ein bereits am Samstag im Internet veröffentlichtes Video , das wir wegen der Persönlichkeitsrechte des Festgenommenen hier nicht weiter verbreiten werden , stützt die Aussage des Mannes .
Der im Medienbereich arbeitende 48-Jährige geriet am Samstag zufällig in die Situation, bei der rechte Demonstrationsteilnehmer durch linken Gegenprotest hindurch auf die rechte Kundgebung auf dem Appellhofplatz gebracht werden sollten. Er selber war kein Teilnehmer einer Kundgebung. Er gab sich dabei gegenüber der Polizei mit seinem Presseausweis als an der Situation zwischen rechten KundgebungsteilnehmerInnen und den Gegendemonstranten unbeteiligte Person zu erkennen.
Viel schwerer wiegt jedoch die Aussage im Express, dass dieser Mann versucht habe, Personen mit einem Messer anzugreifen, als diese auf die rechte Kundgebung am Appellhofplatz gehen wollten. Richtig ist, dass der Mann, der sein Auto am Ort des Geschehens geparkt hatte, zufällig in eine Situation geraten ist, bei der es zu einem überharten Vorgehen von Polizeibeamten gegen ihn gekommen ist, bei dem der Mann deutliche Verletzungen davon trug und in ein Krankenhaus gebracht werden musste. Zu keinem Zeitpunkt zückte der Mann sein in der Hosentasche befindliches Cuttermesser, das er wegen einer privaten handwerklichen Betätigung bei sich trug. Vielmehr war es der Mann selbst, der die Polizisten auf das Messer in Tasche hinwies, als er durchsucht wurde.
Dennoch wurde der Mann, der zu diesem Zeitpunkt sein Handy in der linken Hand und den Presseausweis in der rechten Hand trug, von einem Polizeibeamten angegangen und anschließend von mehreren Polizisten zu Fall gebracht und festgenommen. Das bereits erwähnte Video belegt, dass die Eskalation dabei von der Polizei ausging und der Mann zu keiner Zeit sein in der Tasche befindliches Cuttermesser zückte oder rechte Demonstrationsteilnehmer angriff.
Die vom „Polizeireporter“ des Express aufgestellte Behauptung ist allein schon durch die Pressemitteilung der Kölner Polizei nicht haltbar und wir fragen uns, wie der Rep or ter zu seiner Feststellung kommt, dass das Messer zum Angriff benutzt wurde. Entweder erhielt der Express-Journalist falsche Informationen von der Kölner Polizei oder dichtete diese selbst hinzu.
Nachdem „Köln gegen Rechts“ einen Vorfall von Samstag öffentlich machte, bei dem ein rechter Demonstrationsteilnehmer an der Trankgasse ein Messer zückte, berichtete u.a. auch der Express darüber. Allerdings wurde dieser Vorfall, bei dem durch das gezückte Messer Menschenleben in Gefahr waren, mit dem Vorfall auf dem Appellhofplatz verglichen und versucht, diesen fälschlicherweise dem linken Gegenprotest in die Schuhe zu schieben.
Wir fordern den Kölner Express auf, den Artikel vom 07. Januar 2020 zu korrigieren und eine Gegendarstellung zu veröffentlichen. Weiter hoffen wir, dass die JournalistInnen in Köln in Zukunft die Pressearbeit der Kölner Polizei kritischer hinterfragen und sich nicht weiter zum Erfüllungsgehilfen der politisch agierenden Pressestelle im Polizeipräsidium in Kalk machen.
Schon einige andere Pressemeldungen der Polizei in jüngster Vergangenheit, die sich im Nachhinein als völlig falsch herausstellten, zeigen , dass die Polizei kein neutraler Akteur ist, dem man ungeprüft Glauben schenken darf . Im Gegenteil: Die Polizei ist ein politischer Akteur, der teils auch vor Lügen und Unwahrheiten nicht zurückschreckt, um Linke zu kriminalisieren. Auf der anderen Seite müssen sich einige Journalist I nnen und Zeitungen die Frage gefallen lassen, ob sie ihrer kritischen und unabhängigen journalistische Pflichtaufgabe nachgehen. Dazu gehört es auch Polizeiberichte zu hinterfragen und in unserer schnelllebigen Zeit gründlich zu recherchieren. Eine kurze Rückfrage beim Bündnis „Köln gegen Rechts“ zu diesem Vorfall am Appellhofpaltz hätte ausgereicht , und der „Polizeireporter“ vom Express wäre mit weiteren Informationen versorgt worden. Diese Infos wären aber auch schon mit etwas eigenem Rechercheaufwand selbst zu finden gewesen. Alleine das Video belegt, dass die von Express-Journalisten geschilderte Darstellung nicht stimmen kann.
Der Vorfall am Samstagnachmittag am Kölner Appellhofplatz macht deutlich, wie schnell auch unbeteiligte Personen zum Opfer von Polizeigewalt werden können. In diesem Fall wurde die Situation von einem unabhängigen Journalisten glücklicherweise detailliert gefilmt, wodurch die falschen Darstellungen von Polizei und Express enttarnt werden konnten. Der 48 Jahre alte Mann, der von den Polizisten am Appellhofplatz angegangen wurde, trug deutlich sichtbare Verletzungen davon, die im Krankenhaus auch dokumentiert wurden. Das mitgeführte Cuttermesser spielte bei dem zweifelhaften Polizeieinsatz keine Rolle, wurde es doch erst im Anschluss durch Hinweis des Mannes selbst gefunden. Dass die gleichen Polizisten, die den Mann brutal festnahmen , ihn später auch im Krankenhaus vernommen haben, zeigt nochmal deutlich, warum es in Deutschland eine unabhängige Stelle benötigt, die in solchen Fällen ermittelt. Wie kann es sein, dass Polizeibeamte, gegen die eigentlich selbst wegen des Vorfalls ermittelt werden müsste, den Mann im Krankenhaus vernehmen konnten und außerdem telefonisch in Kontakt mit der Pressestelle der Kölner Polizei in Verbindung standen, die dann wiederum die Darstellungen der an der Eskalation maßgeblich beteiligten Polizeibeamten als neutrale Pressemitteilung verbreitet, die von Teilen der Kölner Lokalmedien unkritisch übernommen wird? Dieser unreflektierte Klüngel zwischen der unprofessionell und politisch arbeitenden Pressestelle der Kölner Polizei und Kölner Lokalmedien muss endlich ein Ende haben!